Autoscheinwerfer können in Zukunft mehr als nur die Straße ausleuchten. Digitalisierung, Sensorik und Cloud-Computing sorgen für komplett neue Funktionen – wie Licht, das um die Ecke blickt.

Das Zauberwort in der Frontbeleuchtung von Autos lautet derzeit „dynamisch“. Dynamisch sollen sich neue Scheinwerfergenerationen an die aktuelle Verkehrssituation anpassen: an das entgegenkommende Fahrzeug, dessen Fahrer nicht geblendet werden soll. An den schlecht sichtbaren Fußgänger, um ihn stärker zu beleuchten. Für die unmittelbare Anpassung des Lichtkegels sorgen Kamerasysteme und Sensoren, welche die Fahrzeugumgebung permanent abtasten, sowie hochauflösende Lichtsysteme wie Matrixscheinwerfer und sogenannte DMD-Systeme.  


Auf die Straße bringen

Beim Matrixlicht sind mehrere, einzeln ansteuerbare LED zu einer Matrix mit einer gemeinsamen Optik angeordnet, wobei die LED „pixelweise“ angesteuert werden können. Dies ermöglicht das präzise Ausleuchten bestimmter Bereiche der Straße. Eine noch höhere Auflösung lässt sich mithilfe eines „Digital Micromirror Device“ (DMD) erzielen. „Ähnlich wie bei einem Beamer werden dabei Systeme mit über einer Million einzeln verstellbaren Mikrospiegeln genutzt, um die Lichtverteilung hochgenau anzupassen“, erklärt Dr. Michael Rosenauer, Leiter der Vorentwicklung beim Joint Venture OSRAM CONTINENTAL.

Der Clou: Die hochauflösende Spiegelprojektion ermöglicht nicht nur eine zentimetergenaue Ausleuchtung, sondern auch die Projektion von Warnhinweisen in HD-Qualität direkt auf die Straße – und damit die visuelle Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern. Etwa indem das geplante Abbiegen mit einem projizierten Pfeil angekündigt wird oder bei Hindernissen Warnsignale auf der Fahrbahn aufleuchten. „Gerade für den nächsten Schritt der Mobilität – das Autonome Fahren – muss jeder Verkehrsteilnehmer wissen, was der jeweils andere und das eigene Fahrzeug tun. Wir haben die Technologien und Produkte, um diese Informationen bestmöglich zu kommunizieren: mit Licht“, sagt Rosenauer.

Voraussetzung für die intelligenten Lichtlösungen ist dabei auch ein High-Definition-Lichtsteuergerät, welches die einzelnen Matrix-LED oder den DMD-Chip ansteuert. „Das im Juli gestartete Gemeinschafts­unternehmen von OSRAM und Continental führt die Bereiche Licht, Sensorik und Elektronik zusammen“, sagt Rosenauer. „Damit können wir effizienter an ganz neuen Funktionen arbeiten.“ Denn das Steuergerät ist über das Bordnetz etwa an das Navigationssystem angebunden. Damit lassen sich zusätzlichen Informationen zum weiteren Streckenverlauf, zu Baustellen oder Geschwindigkeitsbegrenzungen direkt in die Lichtsteuerung integrieren.  

 

Aktuell unterwegs

Künftige Scheinwerfergenerationen gehen aber noch einen Schritt weiter: Sie erhalten nicht nur dynamische Umgebungsdaten von den Frontkameras und Sensoren des eigenen Fahrzeugs, sondern über die Cloud auch die von anderen Verkehrsteilnehmern. Ein im Fahrzeug verbautes Mobilfunkmodul erlaubt künftig den Datenaustausch in beide Richtungen. Das Fahrzeug erhält und liefert auf diesem Weg ständig aktualisierte Strecken- und Verkehrsdaten. „Der Horizont des Fahrzeugs erweitert sich“, sagt Rosenauer. „Das System blickt buchstäblich über die nächste Geländekuppe oder um die Ecke.“ Eine Software-Plattform, wie beispielsweise „eHorizon“ von Continental, bringt hochpräzise Straßenkarten, Sensorinformationen des Fahrzeugs und weitere dynamische Informationen in der Cloud zusammen und stellt diese allen Nutzern zur Verfügung. Das Ergebnis des vorausschauenden Lichtsystems sind eine gesteigerte Verkehrssicherheit und ein deutlich erhöhter Fahrkomfort.