Mit digitaler Lichtinfrastruktur lassen sich hervorragend Daten sammeln. Wer den Datenschatz heben will, muss allerdings erst einmal graben.

„Wir ertrinken in Informationen, aber wir dürsten nach Wissen“, schrieb der amerikanische Zukunftsforscher John Naisbitt bereits 1982 in seinem Buch „Megatrends“. Vielfach wurde der Satz seitdem zitiert. Nie war er so aktuell wie heute. Die Digitalisierung des Lebens führt zu einer täglich wachsenden Flut an Daten. Doch die Datenmengen sind nutzlos, wenn sie nicht entsprechend aufbereitet, analysiert und verstanden werden.

Das Zauberwort, damit aus dem Datenwust ein Datenschatz wird, lautet Data-Mining. Mithilfe statistischer Methoden und Algorithmen werden dabei Muster und Beziehungen innerhalb großer Datenmengen aufgespürt. „Data-Mining kann verborgene Informationen aufdecken, jedoch nichts über deren Wert sagen. Unternehmen müssen daher lernen, ihre Daten zu verstehen und richtig zu deuten“, sagt Louis Trebaol. Der US-Amerikaner ist Leiter des Datenanalyseteams bei OSRAM.

Mit seinem Team erforscht er neue Anwendungs- und Geschäftsmöglichkeiten, die sich aus den Daten der Unternehmens-produkte und -systeme ergeben. Und davon gibt es immer mehr: direkte Lichtdaten, die im Zuge der Digitalisierung des Lichts erzeugt werden. Zunehmend jedoch auch Daten von Sensoren, die in Lichtquellen verbaut werden. Denn die Lichtinfrastruktur bietet sich für den Einsatz von Sensorik ideal an: Sie ist allgegenwärtig, bereits mit einer Stromquelle verbunden und durch ihre Position – ob Straßen- oder Deckenleuchte – wie dafür geschaffen, große Bereiche zu erfassen.

„Sensoren geben uns bislang vor allem Auskunft darüber, wie wir die Beleuchtung besser steuern können. Über Präsenzerkennung in Büroräumen können wir beispielsweise typische Anwesenheitsmuster identifizieren und das Licht an den tatsächlichen Bedarf anpassen“, sagt Trebaol. „Zukünftig wollen wir die Daten vornehmlich nutzen, um Menschen und Maschinen effektiver zu machen.“ Etwa durch „Human Centric Lighting“-Lösungen, bei denen die Beleuchtung an den Tagesverlauf, das vorhandene Tageslicht und den Biorhythmus einzelner Mitarbeiter angepasst werden kann.


Maschinell lernen und irren

„Wir verstehen unter Datenanalyse nicht nur die Suche nach vorhandenen Mustern, sondern auch die Entwicklung neuer Annahmen“, ergänzt Trebaol. „Es ist eine Form des maschinellen Lernens.“ Sein Lieblingsbeispiel ist der Pflanzenanbau in kontrollierter Umgebung, kurz „Smart Farming“. Auf der Suche nach dem passenden Licht für optimales Pflanzenwachstum liefern die LED-Leuchten samt integrierten Sensoren einen enormen Datenschatz. „Daraus können wir erfolgreiche Wachstumsmuster ableiten. Wir können aber auch gezielt neue Lichtszenarien testen und aus den Ergebnissen neue Hypothesen entwickeln. Je größer der Datensatz wird, umso mehr ist künstliche Intelligenz gefragt, welche aus den Daten lernt und selbständig Entscheidungen über die Lichtsteuerung trifft.“

Mit dem Trial-and-Error-Prinzip ist auch eine neue Denk- und Herangehensweise im Unternehmen verbunden. „Wir müssen weniger produkt- und stärker lösungsorientiert handeln. Das Produktgeschäft stirbt. Es verlagert sich mehr auf Dienste, die durch Hardware aktiviert werden.“ Mit seiner IoT-Plattform „Lightelligence“ geht OSRAM daher einen neuen Weg und bietet seinen Kunden Datendienste rund um seine Produkte an. „Wir beginnen mit Licht. Wir müssen aber bereit sein, dem Kunden zu folgen, wo immer er seine Bedürfnisse sieht.“ Datenanalytik kann hier helfen, neue Bedürfnisse und Möglichkeiten überhaupt erst aufzuzeigen. Von einem Start-up kommend weiß Trebaol, dass dies manchmal auch bedeutet, mehrere Ansätze auszuprobieren. „Wir haben die Fähigkeit, alle Arten von Lösungen zu bauen. Die eigentliche Frage lautet: Ist die Lösung wirklich wichtig für unseren Kunden, und ist er bereit, dafür zu zahlen?“


Die Mischung macht‘s

Um dies herauszufinden, hat Trebaol ein Team unterschiedlicher Experten aufgebaut: „Wir haben eine interessante Mischung an pädagogischen und beruflichen Hintergründen in unserem Team: von Physikern über Informatiker bis hin zu Finanzleuten und Wirtschaftsingenieuren. Was sie vereint: Sie sind stark darin, vorhandene Daten mithilfe künstlicher Intelligenz zu modellieren. Und sie haben den Bezug zur Technologie und zur Geschäftsseite, um zwei Fragen zu beantworten: Können wir es tun? Und sollten wir es tun?“

Und was treibt ihn persönlich an? "An der digitalen Landwirtschaft hängt mein Herz. Wenn wir hier in ein paar Jahren sagen können, OSRAM hat einen bedeutenden Anteil daran gehabt, die Nahrungsversorgung der Menschen zu automatisieren und damit zu verbessern, wäre ich stolz."