Ultraviolettes (UV) Licht verbinden viele mit unliebsamen Sonnenbrand. Dabei kann die kurzwellige Strahlung wichtige Probleme der Zukunft lösen.

Wir können sie nicht sehen und nicht riechen. Und doch ist sie immer wirksam: ultraviolette Strahlung. Die keimtötende Wirkung des „blauen Lichts“ entdeckten Ärzte bereits Anfang des 20. Jahrhunderts. Heute ist sie zur Wasseraufbereitung, zur Entkeimung von Klimaanlagen oder zur Materialaushärtung im Einsatz. Doch klassische UV-Lichtquellen enthalten Quecksilber und haben eine begrenzte Lebensdauer. Zeit also für eine neue Lösung.

Diese bietet moderne LED-Technologie – und ist dabei mehr als nur der Ersatz für bisherige UV-Lichtquellen. LED sind robust und strahlen nur in einem sehr schmalen Energiebereich. Dieser kann gezielt für chemische und biologische Prozesse maßgeschneidert werden und eröffnet ganz neue Anwendungsfelder.

„In ein, zwei Jahren werden UV-LED kommerziell eine echte Alternative sein. Deshalb ist jetzt der Zeitpunkt, den Markt für integrierte LED-Lösungen zu entwickeln“, ist sich Nico Morgenbrod, Manager für Geschäftsentwicklung bei OSRAM, sicher. Vom Werk Berlin Spandau aus besucht er zurzeit potentielle Kunden, um deren Bedürfnisse und Anwendungen besser zu verstehen. Und Partnernetzwerke aufzubauen.


Auf der Zielgeraden

Einmal quer durch die Hauptstadt, im östlichen Bezirk Treptow-Köpenick, befindet sich das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik. Dort treibt Professor Günther Tränkle die Entwicklung hochleistungsfähiger UV-LED voran. Der Direktor der Forschungseinrichtung ist vom Potential der UV-LED-Technologie überzeugt: “LED sind kompakte, kalte Lichtquellen. Auch unter hoher Beanspruchung und mobilem Einsatz besitzen sie eine lange Lebensdauer.“

In puncto Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit ist man jedoch noch nicht ganz am Ziel. Die Entwicklung ist technisch sehr herausfordernd. Je kurzwelliger das Licht, desto schwieriger die LED-Produktion. Dafür braucht es viel Erfahrung und hochspezialisiertes Know-how. Beides bringt OSRAM Opto Semiconductors in das Verbundprojekt „UV Power“ des nationalen Konsortiums „Advanced UV for Life“ (AUVL) ein, das vom Ferdinand-Braun-Institut koordiniert wird.

Licht statt Chemie

Am OSRAM-Standort in Regensburg leitet Hans-Jürgen Lugauer die Entwicklung des Hochleistungschips für den Wellenlängenbereich 270 bis 290 Nanometer: „UV-LED mit diesem Spektrum werden zur chemiefreien Entkeimung von Wasser, Luft und Oberflächen eingesetzt. Wir fokussieren uns darauf, diese Komponenten mit höchster Leistung und Lebensdauer für die Massenproduktion zu entwickeln.“

Erste industrielle Pilotanwendungen mit UV-LEDs sind beispielsweise bei der Härtung von Kunststoffen bereits im Einsatz. Die Mitglieder im AUVL-Konsortium verfolgen zudem Anwendungen in der Medizin, wie wirksame Desinfektionsstrategien gegen multiresistente Keime und phototherapeutische Behandlungen in der Hautheilkunde. Gegenstand der Forschung sind darüber hinaus die gezielte Steuerung des Stoffwechsels in Pflanzen zur Anreicherung erwünschter Stoffe sowie Aushärtungsverfahren in der Industrie. „Kleine LED entfalten eine große Hebelwirkung“, fasst Tränkle das vielfältige Potential zusammen. Besonders interessant: die gezielte Integration der UV-LED dort, wo sie gebraucht wird – beispielsweise zur Desinfektion direkt im Wasserhahn oder Wasserspender.    

Weltweit sauberes Wasser

Gerade die Bereitstellung von sauberem Wasser hat enormes Zukunftspotenzial. Denn sauberes Wasser und saubere Luft werden täglich wertvoller. Nicht nur in privaten Haushalten – in Industrieunternehmen werden dringend nachhaltige Lösungen für sauberes Prozesswasser benötigt. Wasserdesinfektion ist zwar bereits mit klassischen Technologien möglich. Doch nicht mit der benötigten Lebensdauer, nicht für hohe Beanspruchung und nicht in anwendungsspezifischen Wellenlängen.

Vom Lichtlieferanten zum Kundenversteher

„Es ist entscheidend, die Applikation des Kunden genau zu verstehen“, erklärt Morgenbrod. „Bisher ging es bei OSRAM um sichtbares Licht. Wir haben eine bestimmte Menge davon an einen gewissen Ort gebracht. Heute fragen uns Kunden, wie viele Keime pro Kubikmeter Wasser unsere UV-LED-Lösung unschädlich machen kann“, erläutert Morgenbrod den Wandel OSRAMs vom Beleuchtungsanbieter zum Photonik-Spezialisten und vom Hardware-Lieferanten zum Lösungsanbieter. Potentielle Kunden sind vor allem Anlagenbauer und Systemanbieter im Bereich Wasser, Hygiene und Nahrungsmitteltechnologie.

Für die Wasseraufbereitung benötigen sie die richtige Strahlung am richtigen Ort in der richtigen Menge. Mit UV-LED ist dies energiesparend und für große Mengen möglich. Die Basisarbeit ist gemacht. „Für viele Anwendungen sind die Tage der Quecksilberleuchte gezählt“ ist Morgenbrod überzeugt, „nun arbeiten wir an der Kommerzialisierung. Und daran, was unsere Kunden vor allem brauchen - individuelle Plug-and-Play-Lösungen für die industrielle Wasseraufbereitung.“