Moderne Scheinwerfer passen sich in Echtzeit an wechselnde Fahrsituationen an. Das Zauberwort hinter der dynamischen Beleuchtung lautet Sensorfusion.

Fahrten bei Dunkelheit erfordern vom Fahrer erhöhte Konzentration: Andere Fahrzeuge blenden oder werden vom eigenen Fernlicht geblendet. Und auch wandernde Lichtkegel bei Kurven und Geländekuppen erschweren die Sicht. Die Lösung bieten moderne Scheinwerfer mit adaptivem Fahrlicht. Sie passen den Lichtkegel in Sekundenbruchteilen an die jeweilige Situation an.

 

Voraussetzung dafür ist die genaue Kenntnis der Fahrzeugposition und seiner Umgebung. Dazu erfassen Sensoren mithilfe von Kameras, Radar und unsichtbarem Infrarotlicht die Umwelt. Hinzu kommen Fahrzeugdaten von Gaspedal, Lenkrad oder Stoßdämpfern sowie Daten zur Fahrbahngeometrie über das Navigationssystem. „Erst aus der Fusion all dieser Daten entsteht ein detailliertes Modell der Fahrzeugumgebung und der Fahrzeugbewegung“, sagt Dr. Maximilian Austerer, Leiter für technische Entwicklung beim Gemeinschaftsunternehmen OSRAM Continental. „Diese Informationen können dann an die hochauflösenden Scheinwerfersysteme übermittelt werden, welche die Lichtverteilung gezielt verändern.“ Etwa indem sie den Lichtkegel im Bereich eines sich nähernden oder vorausfahrenden Fahrzeugs ausblenden, um dessen Fahrer nicht zu blenden.

Relativ komplex

Doch ganz so einfach ist die Fusion der Daten nicht. Der dahinter liegende Prozess ist recht komplex: Die Sensorsignale werden an einen Datenfusionsblock gesendet. Dieser wertet die relevanten Daten aus und erstellt daraus ein hochpräzises Umgebungsmodell. Es enthält die eigene Position sowie die relative Position anderer Objekte. Im nächsten Schritt wird mithilfe von Algorithmen eine Vorhersage des Umgebungsmodells generiert. „Keine leichte Aufgabe: Denn schon bei zwei Fahrzeugen, die sich mit jeweils 90 km/h aufeinander zubewegen, verändert sich deren relative Position innerhalb einer Sekunde um 50 Meter“, führt Austerer aus. Daher sind exakte Vorhersagen so wichtig. Diese Informationen werden schließlich an das Szenenerstellungsmodul übertragen, welches die hochauflösende Lichtform für das Projektionssystem erzeugt.

 

Blendfrei über die Bodenwelle

Die besondere Herausforderung dabei: Die Latenzzeiten zu berücksichtigen, also die Zeitverzögerung zwischen der Signalerfassung und der Reaktion des Systems. „Wir müssen die Informationen vieler verschiedener Sensoren zusammenführen. Dabei haben wir das zusätzliche Problem, dass die Sensoren die Daten zu verschiedenen Zeitpunkten liefern“, so Austerer. „Die unterschiedlichen Latenzzeiten müssen wir mit ausgefeilten Algorithmen kompensieren.“

 

Dieser komplexe Ablauf funktioniert selbst bei der Fahrt über eine holprige Straße. „Nehmen wir an, wir fahren über eine Bodenwelle. Dann bewegt sich normalerweise die Hell-Dunkel-Grenze des Scheinwerfers auf und ab. Dank der Sensorinformationen des Kreiselinstruments oder der Dehnung der Radaufhängungsfedern können wir mit unseren Algorithmen blitzschnell Voraussagen zur Fahrbahnänderung treffen und die Bewegungen des Lichtkegels ausgleichen.“

 

Entlastung des Fahrers

Um möglichst zuverlässige Vorhersagen zu treffen, setzt OSRAM Continental dabei auch auf lernende Systeme. Betätigen an einem spezifischen Punkt der Straße – einer Baustelle oder einem Ortseingang etwa – mehrere Fahrer manuell das Abblendlicht, wird diese Information in der Cloud gespeichert. Über das Vernetzungsmodul wird diese Information an das Bordsystem übermittelt. Bei Erreichen des Straßenabschnitts sendet der Lichtassistent dann einen automatischen Befehl an das Lichtsystem zum Abblenden. „Es geht darum, standardisierte Fahrsituationen zu erkennen und in eine intelligente Reaktion das Systems zu überführen, die den Fahrer entlastet und die Sicherheit erhöht. Die vom Fahrzeug gesammelten Informationen werden ausgewertet, vernetzt und erweitern so das Wissen aller Fahrzeuge“, fasst Austerer die Vorteile zusammen. Am Ende sorgt die Sensorfusion so für eine neue Benutzererfahrung: Stabilisierte Lichtkegel, hochdynamische Dunkelzonen und blendfreies Fernlicht machen die Fahrt durch die Dunkelheit zu einem entspannten Erlebnis.