Digitales Licht: neuartige LED-Technologie bringt Intelligenz und Präzision in die Beleuchtung von morgen

In der Menschheitsgeschichte wurde von jeher vor allem Feuer genutzt, um Licht zu erzeugen. Später wurde dann entdeckt, dass ein stark erhitztes Metallelement in einer Glühbirne in der Lage ist, nützliche Beleuchtung zu erzeugen, wobei diese Technologie schließlich durch die LED abgelöst wurde. 

Diese drei Formen von Licht haben alle eines gemeinsam: Es handelt sich jeweils um eine einzelne Lichtquelle, die einen mehr oder weniger homogenen Lichtstrahl über ein breites Beleuchtungsfeld abgibt. Dies lässt allerdings sehr wenig Freiraum, um die Richtung des Strahls zu steuern: LED-Licht hingegen ist besser steuerbar als das Licht von Glühbirnen oder Kerzen, wobei selbst Linsen oder Reflektoren den Lichtstrahl einer LED nur in begrenztem Maße beeinflussen können. 

Durch verschiedene Design- und Fertigungsinnovationen von ams OSRAM wurde nun jedoch ein Wendepunkt in der Geschichte der Beleuchtung erreicht. Die Entwicklung einer Lichtquelle in Form einer Matrixanordnung von extrem kleinen LEDs – deren Durchmesser nur einem Zehntel eines menschlichen Haares entspricht – ermöglicht eine völlig neue Art der Beleuchtung: kein Licht als Block oder Strahl, sondern vielmehr eine Matrix aus Tausenden oder sogar Millionen winziger Punktlichtquellen (Pixel), wobei jede einzelne durch einen digitalen Datenstrom gesteuert wird, der die Lichtleistung der Matrix fortwährend rekonfigurieren kann, Millisekunde für Millisekunde. 

Dies ist ein völlig neues Paradigma der Lichterzeugung – und zugleich die Grundlage für ein innovatives Konzept, bei dem wir von „digitalem Licht“ sprechen.

 

Bild 0: Intelligentes Licht kann unser tägliches Leben dank hochauflösender Projektion sicherer machen.

Durchbruch in der Halbleitertechnologie 

Die Idee ist bereits vor 20 Jahren entstanden: eine hochauflösende Projektionslichtquelle mit einem neuartigen Typ von LED-Chip zu schaffen, die aus einer Anordnung von Lichtpunkten im Mikrometerbereich gebildet wird. Die Unterteilung des Halbleiterbereichs eines konventionellen, ein Viertelmillimeter großen LED-Chips in eine Matrix aus tausenden, nur wenige Mikrometer großen Lichtpixeln erforderte jedoch zunächst eine ganze Reihe von technologischen Durchbrüchen in der Grundlagenphysik, der Halbleiterherstellung und der Materialwissenschaft. 

Außerdem musste ams OSRAM dazu eine neue Chip-Architektur sowie eine spezifische Pixel-Level-Bonding-Technologie entwickeln, um so eine Verbindung zwischen jedem einzelnen LED-Pixel und dessen Treiber in einem einzigen, integrierten Gerät herzustellen. Die Kombination dieser bahnbrechenden Innovationen hat ams OSRAM schließlich in die Lage versetzt, das Konzept eines monolithischen microLED-Array zu realisieren (siehe Abbildungen 1 und 2).

Fig. 1: Array of point sources of light: the monolithic mircoLED chip

Bild 1: Anordnung von Punktlichtquellen: der monolithische microLED-Chip 

Bild 2: Alles in einem: mehr als 25.600 einzeln ansteuerbare Lichtquellen in einem gebrauchsfertigen Gehäuse (Package)

microLED-Array kommt mit neuen, leistungsstarken Projektionsscheinwerfern auf die Straße

Die entsprechende Technologie ist jetzt in Serienproduktion. Die ersten LED-Pixel-Arrays aus Fabriken von ams OSRAM werden gerade in eine komplett neue Lichtquelle für Fahrzeugscheinwerfer mit adaptivem Fernlicht (Adaptive Driving Beam, ADB) eingebaut: das EVIYOS® System. Die ersten kommerziellen Kunden für den EVIYOS® Chip sind Fahrzeughersteller, die hochmoderne Scheinwerfer mit einem Pixel-Array von 24 x 80 einzeln ansteuerbaren LED-Pixeln produzieren. Diese Anwendung von digitalem Licht wird die Fahrsicherheit insgesamt sowie das Fahren bei Dunkelheit maßgeblich verbessern – und bietet zudem völlig neue Möglichkeiten der Signalisierung an den Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer. 

Dank digitaler Lichtsteuerung, Pixel für Pixel, kann der Scheinwerfer im Dauerfernlicht-Modus sicher betrieben werden. Anhand von Kamerainformationen zur Position von entgegenkommenden Fahrzeugen und anderen Verkehrsteilnehmern, wie etwa Fußgänger auf dem Gehweg, ist der Scheinwerfer auf Basis von EVIYOS® in der Lage, solche Pixel abzuschalten, die andere Verkehrsteilnehmer blenden würden – und behält dennoch seine maximale Leuchtkraft bei, um die Fahrbahn für den Fahrer optimal auszuleuchten. Die Pixelsteuerung wird im Sekundenbruchteil dynamisch angepasst. So wird der breitest- und längstmögliche Strahl beibehalten, ohne die Sicht anderer Verkehrsteilnehmer zu beeinträchtigen. Der Fahrkomfort des Fahrers wird spürbar verbessert und auch andere Verkehrsteilnehmer profitieren von deutlich mehr Sicherheit (siehe Bild 3).
 

Bild 3: Blenden war gestern: mehr Sicherheit für alle 

Scheinwerfer auf Basis von EVIYOS® LEDs projizieren auch Meldungen und Informationen auf die Fahrbahn. Eine potenzielle Anwendung für microLED-Scheinwerfer ist zum Beispiel die Projektion von Führungslinien zur Markierung des Fahrbahnbereichs, den das Fahrzeug einnehmen würde: Der Frontscheinwerfer zeigt dem Fahrer, ob sein Fahrzeug durch eine Engstelle passt oder führt das Fahrzeug durch komplizierte Fahrbahnverhältnisse wie etwa Tagesbaustellen. 

 

Transparente Displays und Mikroprojektoren transformieren technologische Produktdesigns

Die Möglichkeiten digitalen Lichts gehen jedoch weit über reine Beleuchtung hinaus. Aufgrund ihrer geringen Baugröße können etwa microLED-Pixel in einen transparenten Anzeigebildschirm eingebettet sein – und erzeugen dennoch ein scharfes, klares Bild. Als Erstanwendungen dieser transparenten Display-Fähigkeit sind zum Beispiel Anzeigesignale und Warnhinweise für nachfolgende Fahrzeuge in der Heckscheibe denkbar. 

Der breite Abstand der mikrometerkleinen Lichtpunkte sorgt für ein hohes Maß an Transparenz des microLED-Displays. Bei einem hochauflösenden TV-Bildschirm nimmt die Anordnung von RGB microLEDs möglicherweise nur 0,5 % der gesamten Anzeigefläche ein. Die breiten Zwischenräume zwischen den microLEDs bieten auch Platz zum Hinzufügen anderer mikroskopischer Komponenten, etwa ein dezentrales Kamerasystem oder Infrarotsensoren. So entsteht ein Multifunktionsdisplay, das auch Gesten- und Näherungserfassung und weitere zukunftsweisende Funktionen unterstützt. 

Mikropixel-Arrays mit extrem geringen Pixelgrößen spielen auch eine wichtige Rolle für die nächste Generation von Augmented- und Virtual-Reality-Geräten. So kann etwa ein microLED-Display als Mikroprojektor in Smart Glasses integriert werden: ein unaufdringliches Verfahren zur Überlagerung von AR-Informationen auf die Sicht des Nutzers auf eine bestimmte Szene. Machbarkeitsstudien belegen, dass mehr als zwei Millionen einzeln adressierbarer LED-Pixel mit einer Kantenlänge von je ca. 1 μm in ein Pixel-Array eingebettet werden können, um Nutzern von Smart Glasses hervorragende Bilder in voller HD-Auflösung zu bieten (siehe Bild 4). 

Bild 4: Blick in die Zukunft: hochauflösende Bilder direkt im Sichtfeld des Betrachters

Zusätzlich zu diesen Projektionssystemen bietet „digitales Licht“ auch innovativen Mehrwert für zahlreiche weitere Anwendungen. So werden etwa 3D-Drucker künftig in der Lage sein, ultrahochauflösende Nachbearbeitungen durchzuführen, um präzisere und filigranere Strukturen zu erstellen. 

Und in Rechenzentren für KI-Anwendungen verspricht die Nutzung von digitalem Licht eine weitaus effizientere optische Kommunikation mit hohen Bandbreiten. Optische Hochgeschwindigkeits-Datenübertragungen nutzen heutzutage ein hochfrequentes Schalten von Laserlichtquellen, um serielle Datenströme über ein Glasfaserkabel zu übertragen. microLED-Arrays – deren LED-Pixel hundertfach kleiner als eine Laserlichtquelle sind – bieten das Potenzial, Daten parallel statt seriell zu übertragen. Dies ermöglicht eine weitaus höhere, effizientere Bandbreite und trägt dazu bei, den Energiebedarf von energieintensiven Rechenzentren zu verringern. 

 

Eingebettetes Licht – quasi überall

Die Entwicklung von Lichtquellen, die aus einzeln adressierbaren Pixeln bestehen, war mit einem enormen Kraftakt über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren verbunden. Dies erforderte Beiträge nicht nur von ams OSRAM selbst, sondern auch von Industriepartnern, wie etwa dem Fraunhofer IZM Berlin, sowie die Unterstützung durch Fördergelder von staatlichen Stellen in Deutschland und der Europäischen Union. Die erfolgreiche Umsetzung der Vision von flexiblem, digital adressierbarem Licht ist das Ergebnis von nicht nur einem, sondern einer ganzen Reihe separater technischer Durchbrüche. Diese optische Technologie ist tatsächlich komplett neu – und die große Anzahl von Anwendungen, für die sie zukünftig eingesetzt werden kann, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu überblicken. Das erste Einsatzgebiet – ADB-Scheinwerfer für ein besseres Fahrerlebnis bei Dunkelheit – ist nur ein Beispiel für den immensen Mehrwert, den microLED-Arrays bieten können, und in Zukunft werden noch viele weitere folgen. 

Talentierte Köpfe und die geballte, industrielle und wissenschaftliche Fachkompetenz mehrerer Organisationen haben schließlich einen bahnbrechenden Durchbruch von großer Tragweite ermöglicht: Damit eröffnen sich neue Horizonte für zukunftsweisende Produkte in den Bereichen Industrie, Consumer und Automotive sowie für zahlreiche weitere Märkte. Dies ist ein weiteres neues Kapitel für ams OSRAM – ein Unternehmen, das auf eine lange Erfolgsgeschichte transformativer Fortschritte in wichtigen Produktkategorien zurückblicken kann. 

Und „digitales Licht“ ist die nächste einer langen Reihe solcher Innovationen!